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BGH NJW 1993, at 1925

Title
BGH NJW 1993, at 1925
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1925

BGH, Beschl. v. 9. 2. 1993 - XI ZB 2/93 (Nürnberg)

Für die Wirksamkeit der Prozeßhandlung eines gem. § 53 BRAO als Vertreter bestellten Rechtsanwalts reicht es aus, wenn sein Handeln als Vertreter sich aus den Umständen hinreichend deutlich erkennbar ergibt.

Zum Sachverhalt:

Der Bekl. zu 1 ist vom LG durch Teilurteil vom 30. 7. 1992, zugestellt am 19. 8. 1992, verurteilt worden, an den Kl. 9000 DM nebst Zinsen zu zahlen. Seine dagegen gerichtete Berufung ist am 21. 9. 1992 von dem beim BerGer. zugelassenen Rechtsanwalt H eingelegt worden. Dessen Sozius, Rechtsanwalt S, ist im Eingang der Berufungsschrift als Sachbearbeiter genannt. Er ist - wie sich aus dem gedruckten Schriftsatzkopf der Sozietät ergibt - nur beim LG zugelassen; in der Zeit vom 25. 2. bis 31. 12. 1992 war er aber gem. § 53 BRAO als Vertreter für Rechtsanwalt H amtlich bestellt. Die am 20. 10. 1992 eingegangene Berufungsbegründung trägt oben den Stempel der Anwaltssozietät und ist von Rechtsanwalt S ohne Vertretungszusatz unterzeichnet worden.

Das OLG hat die Berufung als unzulässig verworfen, weil der Berufungsbegründung nicht zweifelsfrei zu entnehmen sei, ob Rechtsanwalt S sie im eigenen Namen oder als Vertreter für Rechtsanwalt H unterschrieben habe. Die sofortige Beschwerde hatte Erfolg.

Aus den Gründen:

Die sofortige Beschwerde des Bekl. zu 1 ist gem. §§ 519b II, 547, 577 II 1 und 2 ZPO zulässig und auch sachlich begründet.

Die von Rechtsanwalt H wirksam eingelegte Berufung ist von Rechtsanwalt S nur dann frist- und formgerecht begründet worden, wenn er den Begründungsschriftsatz nicht im eigenen Namen, sondern als amtlich bestellter Vertreter für Rechtsanwalt H unterschrieben hat. Um darüber keinerlei Mißverständnisse aufkommen zu lassen, wäre es zwar zweckmäßig gewesen, wenn Rechtsanwalt S sich in dem Schriftsatz ausdrücklich als "allgemeiner Vertreter" oder "amtlich bestellter Vertreter" bezeichnet hätte notwendig für die Wirksamkeit der Prozeßhandlung ist ein solcher Zusatz aber nicht (BGH, NJW 1975, 542 [543] = LM § 53 BRAO Nr. 7 und VersR 1973, 86). Es reicht aus, wenn das Handeln als Vertreter sich aus den Umständen hinreichend deutlich erkennbar ergibt (BGH, NJW 1991, 1175 [1176] = LM § 78 ZPO Nr. 41). Das war hier der Fall:

Wenn Rechtsanwalt S das von Rechtsanwalt H eingelegte Rechtsmittel in einem Schriftsatz begründete, der den gemeinsamen Stempel beider Anwälte trug, so konnten für das Gericht wie für den Prozeßgegner keine begründeten Zweifel daran bestehen, daß er dabei in Vertretung für Rechtsanwaltes handeln wollte. Jede andere Deutung unterstellt ihm den Willen zu einer eindeutig unzulässigen Prozeßhandlung und verstößt damit gegen den Auslegungsgrundsatz, daß im Zweifel dasjenige gewollt ist, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der recht verstandenen Interessenlage entspricht (Senat, NJW 1992, 243 = LM § 130 ZPO Nr. 17 = BGHR ZPO § 577 - Auslegung 1 m. w. Nachw.).

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