Umsetzung des OECD-Übereinkommens in Deutschland
Von Dr. Daniel Marcus Krause, LL. M., und Dr. Frank Vogel, LL. M., Rechtsanwälte Berlin*
Seit dem 15. 2. 1999 ist nach deutschem Strafrecht die Bestechung von Amtsträgern, Richtern, Soldaten und Abgeordneten fremder Staaten und internationaler Organisationen im internationalen Geschäftsverkehr strafbar. Diese Strafbarkeitserweiterung im Rahmen der Bestechungsdelikte durch das "Gesetz zu dem Übereinkommen vom 17. 12. 1997 über die Bekämpfung der Bestechung ausländischer Amtsträger im internationalen Geschäftsverkehr (Gesetz zur Bekämpfung internationaler Bestechung - IntBestG)" vom 10. 9. 19981 geht, wie seine offizielle Bezeichnung verdeutlicht, auf ein OECD-Übereinkommen2 zurück, das am 17. 12. 1997 von allen 29 Mitgliedstaaten der OECD sowie von den fünf Nicht-Mitgliedstaaten Argentinien, Brasilien, Bulgarien, Chile und der slowakischen Republik unterzeichnet wurde. Die praktische Relevanz der neuen strafrechtlichen Bestimmungen für die Geschäftstätigkeit von Unternehmen in Staaten mit einem hohen Grad von Korruption dürfte erheblich sein: Während bislang das in solchen Staaten in der Geschäftspraxis weitverbreitete und häufig für eine erfolgreiche Unternehmenstätigkeit kaum erläßliche Zahlen von Schmiergeldern und Zuwenden von Gefälligkeiten für Amtshandlungen allein den dort geltenden Strafbestimmungen und insbesondere allein der Verfolgung durch die dort naturgemäß mit diesen Geschäftspraktiken vertrauten und in ihrer Mentalität hierdurch geprägten Strafverfolgungsbehörden unterworfen war, müssen diejenigen die solche Zahlungen und Zuwendungen gewähren, nun auch mit einer strafrechtlichen Würdigung ihres Verhaltens und gegebenenfalls der Verfolgung in Deutschland oder in den anderen Unterzeichnerstaaten des OECD-Übereinkommens rechnen. Da sich die Geschäftspraxis, insbesondere auch die Erwartungshaltung von Amtsträgern nicht mit der Umsetzung des OECD-Übereinkommens von einem Tag auf den anderen grundlegend ändern wird, kommt der genauen Kenntnis der neuen strafrechtlichen Tatbestände und ihrer Rechtsfolgen große Bedeutung fier die Geschäftstätigkeit in Staaten mit einem hohen Grad an Korruption zu. Im folgenden sollen Anwendungsbereich, Tatbestand und Rechtsfolgen der neuen strafrechtlichen Bestimmungen näher beleuchtet werden.
Das Gesetz zur Bekämpfung internationaler Bestechung (IntBestG), am 10. 9. 1998 im Bundestag verabschiedet und am 21. 9. 1998 im Bundesgesetzblatt verkündet, besteht aus nur drei Artikeln. Art. 1 enthält die Zustimmung zu dem OECD-Übereinkommen. Art. 2 regelt in materiellrechtlichen Normen im einzelnen die strafrechtliche Umsetzung des OECD-Übereinkommens. Art. 3 bestimmt das Inkrafttreten des Gesetzes.
Gemäß Art. 3 Abs. 1 ist das IntBestG mit Ausnahme der darin enthaltenen strafrechtlichen Bestimmungen (Art. 2), dein eigentlichen Kern der Neuregelung, am Tage nach der Verkündung des Gesetzes, also am 22. 9. 1998 in Kraft getreten. Für die strafrechtlichen Regelungen in Art. 2 des IntBestG sieht Art. 3 Abs. 1 vor, daß sie an dem Tage in Kraft treten, an dem das OECD-Übereinkommen für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft tritt. Dies ist am 15. 2. 1999 infolge des Ablaufs von 60 Tagen seit Hinterlegung der Ratifikationsurkunde durch Kanada geschehen, nachdem zuvor schon Island, Japan, Deutschland Ungarn, die Vereinigten Staaten von Amerika, Finnland und Großbritannien ihre entsprechenden Urkunden hinterlegt hatten3.
Die materiellrechtlichen Normen des IntBestG sind so aufgebaut, daß die Strafvorschriften des StGB, in denen die Bestechungsdelikte geregelt sind (§§ 334 ff. StGB), in Bezug genommen werden. Bevor hier im einzelnen auf die durch das IntBestG neu geschaffenen Straftatbestände eingegangen wird, erscheint es sinnvoll, sich zunächst anhand der herkömmlichen Bestechungstatbestände des StGB zu vergegenwärtigen, welchen Regelungsbereich das IntBestG neu erschließt:
Während die geschützten Rechtsgüter der Bestechungstatbestände des StGB die Lauterkeit des öffentlichen Dienstes und das Vertrauen der Allgemeinheit hierauf sind, zielt das OECD-Übereinkommen und dementsprechend auch das IntBestG darauf ab, vor allem die wirtschaftliche Entwicklung und internationale Wettbewerbsbedingungen zu schützen. Diesen unterschiedlichen Zielsetzungen entsprechend sind Normadressaten der Bestechungstatbestände des StGB allein nach deutschem Recht bestellte Amtsträger und Richter, sowie Soldaten der Bundeswehr. Demgegenüber stellt das IntBestG gerade die Bestechung von Amtsträgern, Richtern, Soldaten und Abgeordneten fremder Staaten und internationaler Organisationen unter Strafe. Um insoweit einen effektiven Strafrechtsschutz zu gewährleisten, regelt das IntBestG in Art. 2 § 3 auch sog. "Auslandstaten" von deutschen 489 Staatsbürgern, also solche, bei denen weder der Täter in Deutschland gehandelt hat, noch in Deutschland ein zum Tatbestand gehörender Erfolg eingetreten ist oder nach der Vorstellung des Täters eintreten sollte4. Es macht sich daher nicht nur strafbar, wer von Deutschland aus einen ausländischen Amtsträger besticht, sondern auch jeder Deutsche, der im Ausland einen ausländischen Amtsträger besticht, ohne daß ein Bezug der Tat zu Deutschland bestehen oder auch nur beabsichtigt sein mußte. Bemerkenswert ist dabei auch, daß die Strafbarkeit einer Auslandstat nach Art. 2 § 3 IntBestG nicht die Strafbarkeit der Bestechungshandlung nach dem Strafrecht des Landes, in dem die Tat begangen wird, oder des Landes, für das der Amtsträger tätig ist, voraussetzt.
Es ist zu erwarten, daß die Umsetzung des OECD-Übereinkommens durch die weiteren Unterzeichnerstaaten als auch eine Effektivitätssteigerung der Strafverfolgung Bestechungsdelikten durch deutsche Behörden mit bringt, soweit die Bestechung von deutschen Amtsträgern im Ausland in Rede steht. Vor der Umsetzung des OECD-Übereinkommens halte die Verfolgung der Bestechung von deutschen Amtsträgern im Ausland in der Regel keine Aussicht auf Erfolg, wenn der Täter nicht nach Deutschland einreiste.
aa) Nicht unerheblichen Begründungsaufwand erfordert insoweit schon die - auch vom IntBestG nicht geregelte - Anwendung des deutschen Strafrechts auf Bestechungshandlungen gegenüber deutschen Amtsträgern im Ausland:
Die Einordnung als nach den Vorschriften des StGB strafbare Auslandstat gegen ein inländisches Rechtsgut kommt in Betracht. § 5 Nr. 14 StGB, demzufolge das deutsche recht unabhängig vom Recht des Tatorts für im Ausland begangene Taten gilt, die jemand gegen einen Amtsträger, für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten oder einen Soldaten der Bundeswehr während der Ausübung ihres Dienstes oder in Beziehung auf ihren Dienst begeht, nicht einschlägig, weil sich die Bestechungsdelikte den Staatsapparat als solchen und gerade nicht gegen den Bestechungsadressaten richten - zielt die Handlung des doch gerade auf eine Unrechtsvereinbarung mit dem Bestechungsadressaten ab5.
Bei Bestechungshandlungen gegenüber deutschen Amtsträgern im Ausland handelt es sich nach der hier vertretenen Auffassung im Ergebnis um Inlandstaten nach § 9 Abs. 1 StGB i. V. mit § 3 StGB. Danach ist eine Tat auch dann Inlandstat, wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg in Deutschland eingetreten ist oder nach der Vorstellung des Täters eintreten sollte. Der Umstand allein, daß die Strafbarkeit er Bestechungsdelikte nach dem StGB soweit vorverlagert worden ist (schon das bloße Anbieten eines Vorteils erfüllt den Tatbestand), daß das vom Täter erstrebte Ziel - nämlich die Unrechtsvereinbarung mit dem Bestechungsadressaten und die von letzterem vorzunehmende Amtshandlung - nicht zur Tatbestandsvollendung erforderlich ist, kann nach dem Schutzzweck der Bestechungsdelikte kaum dazu führen, daß der Täter die strafrechtliche Verantwortlichkeit umgehen kann, indem er sich im Ausland mit dem Bestechungsadressaten trifft, um dort eine auf eine in Deutschland vorzunehmende Amtshandlung gerichtete Unrechtsvereinbarung abschließen. Vielmehr ist anerkannt, daß bei Gefährdungsdelikten auch der Ort, an dem eine tatbestandsmäßige Gefährdung eintritt, Erfolgsort im Sinne von § 9 Abs. 1 StGB ist6. Das dürfte auch für die Bestechungsdelikte gelten.
bb) Wenn man der hier vertretenen Auffassung, wonach es sich bei solchen Handlungen im Ergebnis um Inlandstaten handelt, nicht folgte, so macht die Umsetzung des OECD-Übereinkommens durch die anderen Unterzeichnerstaaten zumindest den Weg für eine Strafbarkeit als Auslandstat nach § 7 Abs. 2 StGB frei, soweit es um Bestechungshandlungen Deutscher gegenüber deutschen Amtsträgern im Ausland geht. Denn nach § 7 Abs. 2 StGB gilt das deutsche Strafrecht unter anderem auch für Taten, die im Ausland begangen werden, wenn die Tat am Tatort mit Strafe bedroht ist, der Täter Deutscher ist (oder in Deutschland betroffen wird) und eine Auslieferung, trotz gesetzlicher Zulässigkeit, nicht erfolgt. Vor der Implementierung des OECD-Übereinkommens im Ausland scheiterte eine Anwendung deutschen Strafrechts in diesen Fällen regelmäßig daran, daß die Bestechung eines deutschen Amtsträgers im Ausland nicht mit Strafe bedroht ist. Jetzt werden mit der Implementierung in den anderen Unterzeichnerstaaten auch die in diesen Staaten begangenen Bestechungshandlungen gegenüber deutschen Amtsträgern nach dem jeweiligen dortigen Strafrecht unter Strafe gestellt.
cc) Damit geht - ganz unabhängig von den zuletzt erörterten materiellrechtlichen Fragen - eine tatsächliche Steigerung der Effektivität der Strafverfolgung von Bestechungsdelikten gegenüber deutschen Amtsträgern im Ausland, wegen der nun erleichterten Auslieferung nach Deutschland einher.
Bei der Prüfung, ob eine strafbare Bestechung im internationalen Geschäftsverkehr nach IntBestG gegeben ist, ist zunächst entscheidend, ob eine Handlung vorliegt, die eine Bestechung im Sinn des Art. 2 § 1 IntBestG i. V m. §§ 334, 335, 336 StGB darstellt (dazu im folgenden unter II.2.); sodann ist zu prüfen, ob es sich bei dem Bestochenen um einen Richter, sonstigen Amtsträger oder Soldaten nach Art. 2 § 1 Ziff. 1 bis 3 IntBestG handelt (dazu im folgenden unter II.3.) und ob der Täter vorsätzlich handelte (II.4.). Bei Vorliegen dieser Voraussetzungen kommen weitreichende Rechtsfolgen in Betracht (II.5.). Die Bestechung ausländischer Abgeordneter im Zusammenhang mit internationalem geschäftlichen Verkehr ist als gesonderter Straftatbestand in Art. 2 § 2 IntBestG geregelt (II.6.).
Eine Bestechung im Sinne des Art. 2 § 1 IntBestG i. V m. § 334 Abs. 1 StGB begeht, wer einem ausländischen Amtsträger einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, daß er eine künftige richterliche Handlung oder Diensthandlung vornehmen wird und dadurch seine Dienstpflichten verletzen würde, um sich oder einem Dritten einen Auftrag oder einen unbilligen Vorteil im internationalen geschäftlichen Verkehr zu verschaffen oder zu sichern.
Unter Vorteil des Zuwendungsempfängers ist nach der Rechtsprechung jede Zuwendung zu verstehen, auf die der Amtsträger keinen gesetzlich begründeten Anspruch hat.
490Darunter fallen materielle und immaterielle Vorteile. Die Rechtsprechung legt den Begriff sehr weit aus und versteht unter Vorteil jede wirtschaftliche, rechtliche oder auch nur persönliche Besserstellung7. Schon das Angebot zum Abschluß eines privatrechtlichen Vertrags, unter Umständen sogar zu gänzlich marktüblichen Bedingungen, kann als Vorteil angesehen werden.
Die Strafbarkeit beschränkt sich nicht auf Fälle, in denen der Amtsträger selbst der Zuwendungsempfänger ist, vielmehr kann Zuwendungsempfänger auch ein Dritter sein. Damit werden Fälle erfaßt, in denen der Zuwendende dem Amtsträger einen nicht gerechtfertigten Vorteil nicht für ihn selbst, sondern für einen Dritten anbietet, verspricht oder gewährt, um den Amtsträger so zu einer pflichtwidrigen Diensthandlung zu veranlassen. Die Einbeziehung dieser so bezeichneten Dritt-Vorteile geht auf das Gesetz zur Bekämpfung der Korruption vom 13. 8. 19978 zurück. Dritter kann jede natürliche oder juristische Person sein. Ein besonderes Beziehungsverhältnis zwischen Amtsträger und Zuwendungsempfänger ist nicht erforderlich.
Die dem Amtsträger angebotene, versprochene oder gewährte Zuwendung maß "als Gegenleistung" für die pflichtwidrige Diensthandlung gewährt werden.
Das Beziehungsverhältnis zwischen Vorteil und Diensthandlung setzt voraus, daß der Vorteil dem Empfänger um einer bestimmten künftigen Diensthandlung willen zugute kommen soll9. Es muß zumindest eine auch nur stillschweigende Übereinkunft zwischen dem Zuwendenden und dem Amtsträger über das Äquivalenzverhältnis beabsichtigt sein10. Hinsichtlich der Bestimmtheit der künftigen Diensthandlung ist erforderlich, aber auch ausreichend, daß die "Diensthandlung nach ihrem sachlichen Gehalt zumindest in groben Umrissen erkennbar und festgelegt"11 ist. So wird es beispielsweise für ausreichend erachtet, daß mit dem Amtsträger ein sog. "Betreuungs-" oder "Beratungsvertrag" abgeschlossen wird, aufgrund dessen laufende Zahlungen an diesen erfolgen, selbst wenn bei Abschluß der Vereinbarung noch nicht erkennbar ist, welche Handlungen aus dem amtlichen Tätigkeitsbereich im einzelnen entgolten werden sollen12.
Zur Vollendung der Tat maß der dem Amtsträger in Aussicht gestellte Vorteil für ihn selbst oder einen Dritten dem Amtsträger vom Täter "angeboten", "versprochen" oder "gewährt" worden sein. Durch die Einbeziehung der ersten Tatalternative, das Anbieten, greift die Strafbarkeit der Bestechungsdelikte, und damit auch der Bestechung ausländischer Amtsträger, schon in einem sehr frühen Stadium ein:
"Anbieten" ist jede ausdrückliche oder stillschweigende13 Erklärung, die auch vorsichtig formuliert sein kann, beispielsweise in Frageform oder durch allgemeine Sondierungen14. Für die Form des Anbietens oder des Versprechens reicht es dabei grundsätzlich aus, wenn dies durch schlüssiges Verhalten erklärt wird. Es ist nicht erforderlich, daß der Zuwendungsanbieter selbst an den Amtsträger herantritt, das Anerbieten oder Versprechen kann auch durch einen Dritten erfolgen. Voraussetzung ist aber, daß der Amtsträger hiervon tatsächlich Kenntnis erlangt.
Der Versuch im technischen Sinne (§ 22 StGB) ist im Rahmen des IntBestG nur bei der Bestechung von Richtern eines ausländischen Staates oder eines internationalen Gerichts gemäß Art. 2 § 1 IntBestG in Verbindung mit § 334 Abs. 2 letzter Satz und bei der Bestechung ausländischer Abgeordneter im Zusammenhang mit internationalem geschäftlichen Verkehr nach Art. 2 § 2 IntBestG strafbar. Da allerdings der Tatbestand der Bestechung schon durch das Anbieten des Vorteils vollendet wird, es also weder einer Zusage des Bestechungsadressaten noch einer tatsächlichen Vornahme der ins Auge gefaßten Diensthandlung zur Tatbestandsvollendung bedarf15, ist der Anwendungsbereich der Versuchsstrafbarkeit in der Praxis ohnehin gering16.
aa) Die Zuwendung maß auf die Vornahme einer "Diensthandlung" gerichtet sein. Diensthandlung ist jede Handlung, die in den Kreis der Obliegenheiten gehört, die dem Amtsträgern übertragen sind, und die von ihm in dienstlicher Eigenschah vorgenommen werden17. Auch eine vorbereitende, unterstützende oder beratende Tätigkeit kann infolgedessen genügen18. Eine Diensthandlung liegt folglich auch dann vor, wenn ein Amtsträger ein Gremium o. ä. bei der Frage berät, ob durch das Gremium bestimmte Verträge abgeschlossen, Aufträge erteilt oder Ankäufe getätigt werden sollen.
Es kommt nicht darauf an, ob der Amtsträger für die konkrete Handlung zuständig oder ob ihm diese durch eine interne Geschäftsverteilung19 zugewiesen ist. Ebensowenig ist entscheidend, ob der Amtsträger die Diensthandlung außerhalb der Dienststunden und -räume vornimmt20.
bb) Eine "richterliche Handlung" ist jeder Akt, der nach den jeweils geltenden (ausländischen) Rechtsvorschriften dem Richter zur Entscheidung übertragen ist, also in seine Zuständigkeit fällt.
cc) Art. 2 § 1 IntBestG stellt nur solche Bestechungshand langen unter Strafe, die sich auf künftige Diensthandlungen oder richterliche Handlungen beziehen. Unter Strafe gestellt wird also nicht, wenn der Zuwendungsgeber sich nachträglich für einen ihm durch eine pflichtwidrige Diensthandlung gewährten unbilligen Vorteil "erkenntlich" zeigt. Allerdings kommt es nicht auf die zeitliche Abfolge von Vorteilsgewährung und Diensthandlung, sondern vielmehr auf den Zeitpunkt der Vereinbarung zwischen Zuwendendem und Amtsträger an. Wird also der Vorteil bereits vor der Diensthandlung versprochen, aber erst nach der Vornahme der pflichtwidrigen Diensthandlung gewährt, so ist der Tatbestand der 491 Bestechung gemäß Art. 2 § 1 IntBestG erfüllt. Darüber hinaus kommen durchaus auch Fallgestaltungen in Betracht, in denen das wiederholte nachträgliche, und zunächst nicht vorher angekündigte "Sich erkenntlich zeigen" für pflichtwidrige Diensthandlungen als konkludentes Anbieten von entsprechenden Zuwendungen für zukünftige Dienstpflichtverletzungen anzusehen ist.
Erforderlich ist nach Art. 2 § 1 IntBestG ferner, daß sich das Handeln auf eine zukünftige Diensthandlung richtet, durch die der Bestechungsadressat seine Dienstpflichten verletzt. Lediglich bei der Bestechung ausländischer Abgeordneter im Zusammenhang mit internationalem geschäftlichen Verkehr nach Art. 2 § 2 IntBestG ist auf dieses strafbarkeitsbeschränkende Tatbestandselement verzichtet worden - und zwar vor dem Hintergrund, daß jedenfalls nach deutschem Verfassungsrecht die Abgeordneten in ihren Entscheidungsprozessen nur ihrem Gewissen, und eben keinen Dienstpflichten, unterworfen sind, aber gerade diese Entscheidungsprozesse der Abgeordneten von vor Einflußnahme durch ungerechtfertigte Zuwendungen freigehalten werden sollen.
Eine Diensthandlung ist pflichtwidrig, wenn sie gegen Gesetze, Verwaltungsvorschriften, Richtlinien, allgemeine Dienstanweisungen oder Anweisungen des Vorgesetzten verstößt21.
aa) Eine Pflichtwidrigkeit kommt insbesondere auch dann in Betracht, wenn es um eine Diensthandlung geht, die im Ermessen des Amtsträgers steht. Dabei ist eine pflichtwidrige Ermessensausübung nicht nur gegeben, wenn die Entscheidung in ihrem Ergebnis ermessensfehlerhaft ist. Es reicht aus, daß die Entscheidung in der Art ihres Zustandekommens zu beanstanden ist, weil der Amtsträger neben sachlichen Hauch sachfremde Erwägungen Einfluß auf seine Entscheidung nehmen läßt. Dies ist gerade dann der Fall, wenn der Amtsträger einem von mehreren gleichqualifizierten Angeboten deshalb den Vorzug gibt, weil ihm hierfür eine Gegenleistung versprochen worden oder zuteil geworden ist22. Da zudem der Straftatbestand nach Art. 2 § 1 IntBestG i. V mit § 334 StGB nicht erst verwirklicht ist, wenn der Bestechungsadressat seine Dienstpflichten tatsächlich verletzt, sondern lediglich voraussetzt, daß die Zuwendung des Täters auf eine Dienstpflichtverletzung des Bestechungsadressaten gerichtet ist, ist die Strafbarkeit bereits begründet, wenn der Täter auch nur damit rechnet und es in Kauf nimmt, daß der . Amtsträger die in Aussicht gestellte Zuwendung in dem Prozeß der Ermessensausübung berücksichtigt23.
bb) Auf der anderen Seite sind nach den Bestimmungen des IntBestG nicht strafbar solche Zuwendungen, die ausländischen Amtsträgern, Soldaten, oder Richtern dafür angeboten, versprochen oder gewährt werden, daß diese ihre Dienstpflichten einhalten. Gerade in stark bürokratisierten Bereichen ist es keinesfalls selten, daß Amtsträger von Antragstellern Vorteile dafür fordern, daß die Anträge nicht verloren gehen oder immer wieder "Wichtigeres" zuerst zu bearbeiten ist. Während nach § 333 StGB in einem solchen Fall die Vorteilsgewährung an einen deutschen Amtsträger strafbar ist24, bleibt die Vorteilsgewährung an einen Amtsträger eines fremden Staates oder einer internationalen Organisation nach IntBestG straflos.
cc) Darüber hinaus mögen in Einzelfällen auch reine "Beschleunigungsgelder" an ausländische Amtsträger, die in der Praxis eine hohe Bedeutung haben, nach IntBestG straflos bleiben, soweit nämlich die Reihenfolge der Bearbeitung von Anträgen oder ähnlichem nach dem ausländischen Recht in das freie Belieben des jeweiligen Amtsträgers gestellt ist25. Das kann etwa bei der Registrierung von Gesellschaften, bei der Erteilung von Produktzertifikaten etc. der Fall sein. Dabei ist jedoch stets der rechtliche Rahmen für die jeweilige Diensthandlung nach der fremden Rechtsordnung genau zu beachten.
Strafbar nach Art. 2 § 1 IntBestG ist ein Verhalten, das die geschilderten Voraussetzungen erfüllt, allerdings nur dann, wenn das Ziel der Bestechung darin besteht, sich oder einem Dritten einen Auftrag oder einen unbilligen Vorteil im internationalen geschäftlichen Verkehr zu verschaffen oder zu sichern. Auf den ersten Blick liegt hierin eine wesentliche Strafbarkeitseinschränkung gegenüber dem allgemeinen Bestechungstatbestand des § 334 StGB, der eine besondere Zielsetzung bei der Bestechung nicht verlangt. Zurückzuführen ist dieses zusätzliche Tatbestandsmerkmal des IntBestG auf die spezifische Zielrichtung des OECD-Übereinkommens. Während der Bestechungstatbestand des StGB die Lauterkeit des öffentlichen Dienstes generell schützen will, ergibt sich aus der Präambel des OECD-Übereinkommens, daß primär der durch Bestechung hervorgerufenen Verzerrung internationaler Wettbewerbsbedingungen entgegengewirkt werden soll.
Rechtsprechung zur Auslegung dieses durch das IntBestG neu in das deutsche Strafrecht eingeführten Tatbestandsmerkmals liegt bislang nicht vor. Aus dem Wortlaut der neuen Bestimmungen und insbesondere den Gesetzesmaterialien läßt sich jedoch ablesen, daß eine weite Auslegung dieses Merkmals die in ihm liegende Strafbarkeitseinschränkung in Grenzen halten wird:
aa) Sicher ist zunächst, daß es nicht darauf ankommt, ob der Auftrag oder der unbillige Vorteil im internationalen Geschäftsverkehr bei dem Zuwendenden bzw. dem Dritten tatsächlich eintritt. Es reicht aus, daß die Bestechungshandlung mit dem Ziel vorgenommen wird, daß der Auftrag oder der unbillige Vorteil zukünftig eintritt.
bb) Für die Auslegung des Begriffs "Auftrag" ist auf Art. 1 Abs. 1 des OECD-Übereinkommens abzustellen. In der französischen und englischen, für die Auslegung maßgeblichen Fassung ist das Wort "Auftrag" mit "marché" oder "business" übersetzt. Daraus ergibt sich, daß es sich um ein "Geschäft" handeln muß, wobei der Gegenstand des Geschäfts weit auszulegen ist und keineswegs auf den BGB-Vertragstypus Auftrag beschränkt ist. Beispielsweise fallen unter den Begriff "Auftrag" in diesem Sinne auch Kaufverträge, Werkverträge, Dienstleistungsverträge, Beratungsverträge und anderes mehr.
492cc) Der Begriff des "unbilligen Vorteils" ist in Anlehnung an den in § 334 StGB verwendeten Begriff dahin auszulegen, daß er jede Besserstellung materieller oder immaterieller Art umfaßt, auf die der Zuwendende keinen rechtlich begründeten Anspruch hat26. Dabei kann es sich auch um eine günstige tatsächliche Position handeln, beispielsweise die Zulassung zur Teilnahme an einem Ausschreibungsverfahren, die der Gesetzgeber in seiner Entwurfsbegründung ausdrücklich erwähnt hat27.
dd) Das IntBestG fordert darüber hinaus, daß es sich um einen Auftrag oder unbilligen Vorteil handelt, den sich der Zuwendende im "internationalen geschäftlichen Verkehr" verschaffen oder sichern will.
In der amtlichen Begründung des Gesetzentwurfs28 heißt es insoweit:
"Der Begriff 'geschäftlicher Verkehr' wird dabei weit im Sinne der Verwendung dieses Begriffs im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb zu verstehen sein. 'International' setzt einen grenzüberschreitenden oder auslandsbezogenen Sachverhalt voraus, wozu allerdings auch der Geschäftsverkehr mit internationalen Organisationen gehört, die im Inland ihren Sitz haben."
Der Begriff des geschäftlichen Verkehrs bezeichnet nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) jede Tätigkeit, die der Förderung eines beliebigen Geschäftszwecks dient. Erfaßt wird dabei jede selbständige, wirtschaftliche Zwecke verfolgende Tätigkeit, in der eine Teilnahme am Erwerbsleben zum Ausdruck kommt29. Bei der Tätigkeit von Kaufleuten besteht - im Rahmen des UWG - eine Vermutung für ein Handeln im geschäftlichen Verkehr30.
Das Erfordernis des "internationalen" geschäftlichen Verkehrs verlangt nach der Begründung des Gesetzentwurfs31, daß ein grenzüberschreitender oder auslandsbezogener Sachverhalt vorliegt. Auch hier wird man angesichts des Schutzzwecks des IntBestG und der Gesetzesbegründung von einer weiten Auslegung auszugehen haben. So wird etwa schon durch die (faktische) Beherrschung eines Unternehmens oder auch nur das Halten von Geschäftsanteilen einer Gesellschaft im Land des Amtsträgers durch ein ausländisches Unternehmen das Kriterium des auslandsbezogenen Sachverhalts begründet sein, wenn das wirtschaftliche Ergebnis des Unternehmens oder der Gesellschaft ins Ausland abfließt (z. B. durch Aufnahme in eine Konzernbilanz), mag auch der ins Auge gefaßte Auftrag oder unbillige Vorteil unmittelbar nur dem inländischen Unternehmen oder der inländischen Gesellschaft zugute kommen. Bei Berücksichtigung des intendierten Rechtsgüterschutzes wäre kaum nachvollziehbar, warum die Strafbarkeit davon abhängen soll, ob ein ausländisches Unternehmen seine Aktivitäten im Lande des bestochenen Amtsträgers über eine Repräsentanz oder über eine inländische Tochtergesellschaft ausübt. Freilich werden gerade in Bezug auf dieses dem deutschen Strafrecht neuen Tatbestandsmerkmal die - auch mit Blick auf das Analogieverbot - vorzunehmenden Konturierungen durch die Rechtsprechung abzuwarten sein.
Liegt eine Bestechungshandlung in der vorbezeichneten Weise vor, so ist für die Strafbarkeit nach Art. 2 § 1 IntBestG i. V mit § 334 StGB entscheidend, wer auf diese Weise Bestochener ist. Insoweit sind drei Gruppen tauglicher Adressaten zu unterscheiden:
Richter sind nach § 1 Ziff. 1 a IntBestG sowohl die Richter eines ausländischen Staates als auch nach § 1 Ziff. I b IntBestG die Richter eines internationalen Gerichts.
Wer in diesem Sinne Richter ist, bemißt sich nach den jeweils maßgeblichen Vorschriften des ausländischen Rechts oder der internationalrechtlichen Bestimmungen für die Bestellung von Richtern an internationalen Gerichten (so im Ergebnis auch die Begründung des Gesetzentwurfs32).
Sonstiger Amtsträger ist gemäß § 1 Ziff. 2 a IntBestG zunächst jeder Amtsträger eines ausländischen Staates, wobei es für die Amtsträgerschaft auf die maßgeblichen Bestimmungen des jeweiligen Staates ankommt. Nach nunmehr gesicherter Rechtsprechung ist nicht entscheidend, ob der Bestellungsakt zum Amtsträger wirksam ist33. Ausschlaggebend ist allein, daß dem Amtsträger im Außenverhältnis die Führung der Dienstgeschäfte nicht verboten worden ist.
Gemäß § 1 Ziff. 2 b IntBestG ist darüber hinaus sonstiger Amtsträger eine Person, die beauftragt ist, bei einer oder für eine Behörde eines ausländischen Staates, für ein öffentliches Unternehmen mit Sitz im Ausland oder sonst öffentliche Aufgaben für einen ausländischen Staat wahrzunehmen. In dieser Umschreibung des sonstigen Amtsträgers liegt eine Erweiterung gegenüber dem bundesdeutschen Bestechungstatbestand. Ausreichend ist nach § 1 Ziff. 2 b IntBestG, daß eine schlichte Beauftragung vorliegt; eine förmliche Beauftragung ist - anders als in den §§ 334 ff. StGB - nicht erforderlich. Mit dieser Ausweitung gegenüber dem deutschen Bestechungstatbestand ist der Gesetzgeber - wie in der Begründung ausgefiührt34 - dem Umstand nachgekommen, daß im Ausland nicht generell gesetzliche Bestimmungen vorhanden sind, die dem bundesdeutschen Gesetz über die förmliche Verpflichtung nicht beamteter Personen entsprechen. Ausreichend ist also die Beauftragung der Person, öffentliche Aufgaben für einen ausländischen Staat wahrzunehmen, sei es bei einer oder für eine Behörde des Staates, für ein öffentliches Unternehmen mit Sitz im Ausland oder durch Wahrnehmung sonstiger öffentlicher Aufgaben.
Gemäß § 1 Ziff. 2 c IntBestG sind sonstige Amtsträger auch die Amtsträger oder sonstigen Bediensteten einer internationalen Organisation oder eine mit der Wahrnehmung von Aufgaben einer solchen Organisation beauftragte Person. Zu diesen Organisationen zählen auch und insbesondere die Europäischen Gemeinschaften.
Gemäß § 1 Ziff. 3 IntBestG kann tauglicher Bestechungsadressat auch ein Soldat eines ausländischen Staates (§ 1 Ziff. 3 a IntBestG) sowie ein Soldat sein, der beauftragt ist, Aufgaben einer internationalen Organisation wahrzunehmen (§ 1 Ziff. 3 b IntBestG).
493Daneben ist die Bestechung ausländischer Abgeordneter in Art. 2 § 2 IntBestG als gesonderter Tatbestand geregelt, auf den hier noch unter II.6. eingegangen wird. Besondere Beachtung verdient der Umstand, daß sich die Strafbarkeit nach IntBestG (wie auch die Bestimmungen des OECD-Übereinkommens) nicht auf Bestechungshandlungen beschränken, die sich auf die genannten Bestechungsadressaten aus Unterzeichnerstaaten richten, sondern auch die Lauterkeit der Amtsausübung im internationalen Geschäftsverkehr in Nicht-Unterzeichnerstaaten schützen35.
Der Täter muß die im IntBestG unter Strafe gestellten Handlungen vorsätzlich begehen. Er muß das tatsächliche Vorliegen sämtlicher dargestellten Voraussetzungen kennen, oder zumindest damit rechnen und es in Kauf nehmen. Dabei muß sich der Vorsatz auch und insbesondere auf die Umstände erstrecken, die den Bestechungsadressaten im Ausland zum Amtsträger oder besonders Beauftragten machen. Auch muß der Täter zumindest damit rechnen und in Kauf nehmen, daß der ausländische Amtsträger bei Vornahme der ins Auge gefaßten Diensthandlung die ihn treffenden (also durch das jeweilige ausländische Recht begründeten) Dienstpflichten verletzt.
aa) Gemäß Art. 2 § 1 IntBestG i. V mit § 334 StGB wird die Bestechung eines ausländischen Amtsträgers im internationalen Geschäftsverkehr mit Freiheitsstrafe von 3 Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. In minder schweren Fällen reduziert sich das Strafmaß auf Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe.
bb) Gemäß Art. 2 § 1 IntBestG i. V mit § 335 StGB kommt es zu einer erheblichen Anhebung des Strafrahmens (Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu 10 Jahren), wenn ein sogenannter besonders schwerer Fall vorliegt. Ein besonders schwerer Fall ist in der Regel zu bejahen (§ 1 IntBestG i. V mit § 335 StGB), wenn
- die Tat sich auf einen Vorteil großen Ausmaßes (für den Bestechungsadressaten oder Dritten) bezieht oder
- der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.
Die erhöhte Strafbarkeit der zuerst genannten Alternative trägt ihre Begründung in der besonderen Gefährdung der Diensttreue des Bestechungsadressaten bei hohen Zuwendungen. Es ist also nicht der Vorteil gemeint, den sich der Zuwendende durch die Bestechung im internationalen Geschäftsverkehr verschaffen oder sichern will, also nicht die Höhe des "Auftrags" oder des "unbilligen Vorteils" im Sinne des Art. 2 § 1 IntBestG. Das ist zwar dem Wortlaut von § 335 Abs. 2 Ziff. 1 StGB nicht auf den ersten Blick so klar zu entnehmen, ergibt sich aber aus der Gesetzessystematik, insbesondere aus dem Umstand, daß die Bestechungsdelikte in den §§ 331 ff. StGB den Begriff "Vorteil" stets für die Zuwendung des Täters an den Bestechungsadressaten verwenden, während die weitere Bestechungsabsicht, sich oder einem Dritten einen Auftrag oder unbilligen Vorteil im internationalen Geschäftsverkehr zu verschaffen oder zu sichern, erst durch das IntBestG und nur für die dort geregelten Fälle eingeführt worden ist36.
"Gewerbsmäßig" handelt, wem es darauf ankommt, sich aus der wiederholten Begehung einer Tat eine fortlaufende Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Umfang zu schaffen37. Die Gewerbsmäßigkeit kommt schon dann in Betracht, wenn der Täter als Repräsentant eines Unternehmens wiederholt und/oder in ständiger Übung Bestechungen ausländischer Amtsträger im internationalen Geschäftsverkehr begeht, um dem Unternehmen eine fortlaufende Einnahmequelle zu verschaffen, sofern der Repräsentant sich ebenfalls mittelbare Vorteile, also Provisionen oder ähnliches, aus den Tathandlungen verspricht38.
Das Handeln als "Mitglied einer Bande" setzt schließlich voraus, daß sich mindestens zwei Personen39 für eine gewisse Dauer40 zur fortgesetzten Begehung von Bestechungstaten verbunden haben. Die fortgesetzten Bestechungstaten brauchen dabei noch nicht im einzelnen konkretisiert zu sein. Daß die Durchführung der Bestechungstaten zum Zeitpunkt des Zusammenschlusses noch von weiteren Bedingungen abhängig ist, beispielsweise der Aufklärung des Marktes o. ä., steht der Annahme einer "Bande" nicht entgegen41. Bei entsprechender Absicht kann auch die erste Tat schon einen besonders schweren Fall begründen. Notwendig ist aber, daß mehrere Mitglieder der Verbindung bei der Bestechung mitgewirkt haben. Dies verlangt ein zeitliches und örtliches Zusammenwirken von mindestens zwei Mitgliedern der Verbindung bei der Ausführung der Tat42.
Durch das Gesetz zur Bekämpfung der Korruption vom 13. 8. 199743 wurden in die Bestechungsregelungen des StGB als Rechtsfolge auch weitreichende Zugriffsmöglichkeiten auf das Vermögen des Täters geschaffen, die nun über die allgemeine Verweisung auf die §§ 334, 335, 336 und 338 Abs. 2 in Art. 2 § 1 IntBestG auch auf die Bestechung ausländischer Amtsträger Anwendung finden, namentlich der sogenannte erweiterte Verfall (§§ 338 Abs. 2, 73 d StGB) und die Vermögensstrafe (§§ 338 Abs. 2, 43 a StGB).
Gemäß § 338 Abs. 2 kann beim gewerbsmäßigen Handeln und beim Handeln als Mitglied einer Bande bei der Bestechung ausländischer Amtsträger der Verfall von Gegenständen eines an der Tat Beteiligten angeordnet werden, wenn Umstände die Annahme rechtfertigen, daß diese Gegenstände für rechtswidrige Taten oder aus ihnen erlangt worden sind. Gegenstände im Sinne des Gesetzes sind sowohl Sachen als auch Rechte. Der Nachweis dafür, daß die Gegenstände tatsächlich aus solchen Taten stammen, ist nicht erforderlich. Ausreichend ist vielmehr, daß diese Herkunftsmöglichkeit von allen in Betracht zu ziehenden Möglichkeiten als die ganz überwiegend wahrscheinlichste anzusehen ist44.
Hat der Täter als Mitglied einer Bande gehandelt, so kommt darüber hinaus auch die Vermögensstrafe nach § 43 a StGB in Betracht. Vermögensstrafe bedeutet, daß das Gericht ne- 494 ben einer Freiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren auch die Zahlung eines Geldbetrags verhängen kann, der den vollständigen Wert des Vermögens des Täters erfassen, aber nicht übersteigen darf. Es kommt dabei nicht darauf an, ob das Vermögen vom Täter legal oder durch Straftaten erworben wurde. Die Vermögensstrafe dient vielmehr als ein zusätzliches staatliches Reaktionsmittel dazu, dem Täter in Fällen der organisierten Kriminalität neben der Verhängung der Freiheitsstrafe auch das Vermögen, welches ihm die Begehung weiterer Straftaten ermöglichen oder erleichtern könnte, ganz oder teilweise zu entziehen45.
Nach Art. 2 (Verantwortlichkeit Juristischer Personen) des OECD-Übereinkommens sind die Vertragsparteien verpflichtet, in Übereinstimmung mit ihren Rechtsgrundsätzen die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um die Verantwortlichkeit juristischer Personen für die Bestechung eines ausländischen Amtsträgers zu begründen.
Nach deutschem Strafrecht kommt eine strafrechtliche Verantwortlichkeit juristischer Personen nicht in Betracht, da sie im strafrechtlichen Sinn nicht handlungsfähig sind und sie infolgedessen auch keine strafrechtliche Verantwortlichkeit für Handlungen ihrer Organe und Vertreter treffen kann46.
Handlungsbedarf bestand aus Sicht des deutschen Gesetzgebers47 gleichwohl nicht, da juristische Personen nach deutschem Ordnungswidrigkeitenrecht gemäß § 30 OWiG einer Bußgeldpflicht unterliegen können, was zur Umsetzung nach Art. 2 des OECD-Übereinkommens für ausreichend erachtet wurde. § 30 OWiG kommt namentlich dann in Betracht, wenn eine natürliche Person als vertretungsberechtigtes Organ der juristischen Person oder als Mitglied eines solchen Organs eine Straftat begeht, durch die
- Pflichten verletzt worden sind, die die juristische Person treffen, oder
- die juristische Person bereichert worden ist oder werden sollte.
In diesen Fällen kann gegen die juristische Person eine Geldbuße festgesetzt werden, die bei einer vorsätzlichen Straftat - wie der Bestechung ausländischer Amtsträger im internationalen Geschäftsverkehr - bis zu 1 000 000 DM je Straftat betragen kann.
Zweck des § 30 OWiG ist in erster Linie, die Vorteile abzuschöpfen, die einer juristischen Person durch eine in ihrem Interesse begangene Straftat zugeflossen sind48. Ferner sollen durch die Bußgeldverhängung zugleich die Organe und Vertreter sowie die Aufsichtsgremien der juristischen Person dazu angehalten werden, dafür Sorge zu tragen, daß innerhalb des Unternehmen Rechtsverstöße unterbleiben.
Bemerkenswert ist, daß gemäß § 30 Abs. 3 OWiG die Vorschrift des § 17 Abs. 4 OWiG anzuwenden ist. Danach soll die Geldbuße den wirtschaftlichen Vorteil übersteigen, den die juristische Person aus der Ordnungswidrigkeit gezogen hat. Reicht das gesetzliche Höchstmaß der Geldbuße (1 000 000 DM) hierzu nicht aus, so darf das gesetzliche Höchstmaß der Geldbuße überschritten werden. Folglich ist mit einer Abschöpfung der Vorteile durch die Geldbuße in vollem Umfang auch dann zu rechnen, wenn die Vorteile den Betrag von 1 000 000 DM übersteigen.
Der Tatbestand der Abgeordnetenbestechung nach § 108 StGB hat, anders als die Regelungen der §§ 331 ff. StGB, schon vor Inkrafttreten des IntBestG einen kleinen Bereich "internationaler Bestechung" in seinem Anwendungsbereich abgedeckt: Neben dem Kauf von Stimmen für eine Wahl oder Abstimmung in einer Volksvertretung im Bund, in den Ländern, Gemeinden und Gemeindeverbänden hat sich die Strafdrohung des § 108 e StGB auch auf den Stimmenkauf bei Wahlen oder Abstimmungen im Europäischen Parlament erstreckt. Im IntBestG ist nun die Bestechung von Abgeordneten ausländischer Staaten und internationaler Organisationen im internationalen Geschäftsverkehr umfassend geregelt:
Gemäß Art. 2 § 2 IntBestG wird mit Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen Auftrag oder einen unbilligen Vorteil im internationalen Geschäftsverkehr zu verschaffen oder zu sichern, einem Mitglied eines Gesetzgebungsorgans eines ausländischen Staates oder einem Mitglied einer parlamentarischen Versammlung einer internationalen Organisation einen Vorteil für dieses oder einem Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, daß es eine mit seinem Mandat oder seinen Aufgaben zusammenhängen Handlung oder Unterlassung künftig vornehmen wird. Die Regelung entspricht in ihren Voraussetzungen im wesentlichen den bereits dargestellten Voraussetzungen für die Bestechung ausländischer Amtsträger, bezieht sich indes a die Mitglieder von Gesetzgebungsorganen eines ausländischen Staates oder die Mitglieder einer parlamentarisch Versammlung einer internationalen Organisation. Es ist schon oben erläutert worden, daß auch der Versuch der Abgeordnetenbestechung in Art. 2 § 2 Abs. 2 IntBestG unter Strafe gestellt ist (s. o., II.2.c)) und die Tat, anders als bei der Bestechung von ausländischen Amtsträgern nach Art. 2 § 11 BestG, nicht auf eine Verletzung von Dienstpflichten durch den Abgeordneten gerichtet sein muß (s. o., II.2.e)). Im übrigen kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden. Hinsichtlich der Rechtsfolgen ist bemerkenswert, daß bei der Abgeordnetenbestechung mangels Verweisung auf die §§ 335 und 338 Abs. 2 StGB weder ein erweitertes Strafmaß in besonders schweren Fällen noch die Verhängung einer Vermögensstrafe oder der erweiterte Verfall vorgesehen sind.
Gemäß Art. 2 § 4 IntBestG wird die Bestechung ausländischer Amtsträger (Art. 2 § 1 IntBestG i. V mit § 334 StGB in den Kreis der von § 261 StGB (Geldwäsche) erfaßten Vortaten aufgenommen.
Dies bedeutet, daß jeder, der einen aus einer Bestechung ausländischer Amtsträger herrührenden Gegenstand verbirgt, dessen Herkunft verschleiert oder die Ermittlung der Herkunft, das Auffinden, den Verfall, die Einziehung oder Sicherstellung eines solchen Gegenstands vereitelt oder gefährdet, mit Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder mit Geldstrafe bestraft wird.
495Bis zum Inkrafttreten des Jahressteuergesetzes 1996 waren Schmier- und Bestechungsgelder nach deutschem Einkommensteuerrecht grundsätzlich als Betriebsausgaben abzugsfähig. Diese Abzugsfähigkeit wurde mit der Neuregelung dahin eingeschränkt, daß nunmehr gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 10 EStG die Zuwendung von Vorteilen sowie damit zusammenhängende Aufwendungen nicht als abzugsfähige Betriebsausgaben anerkannt werden, "wenn wegen der Zuwendung oder des Empfangs der Vorteile eine rechtskräftige Verurteilung nach einem Strafgesetz erfolgt ist oder das Verfahren nach §§ 153-154 e) StPO eingestellt worden ist oder "wenn wegen der Zuwendung oder des Empfangs der Zuwendung ein Bußgeld rechtskräftig verhängt worden ist".
Darüber hinaus sieht § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 10 EStG vor, daß die Finanzbehörde Tatsachen, die den Verdacht einer solchen Straftat begründen, der Staatsanwaltschaft oder der Ordnungsbehörde mitteilt.
In der Praxis haben sich diese Regelungen zunächst als reines Lippenbekenntnis ohne wirkliche praktische Relevanz erwiesen. Das ist insbesondere auch darauf zurückzuführen, daß diese Regelungen faktisch - übrigens vom Gesetzgeber ganz bewußt so gestaltet - zunächst weder die Absetzbarkeit von im Ausland erfolgten Schmiergeldzahlungen beschränkte noch diesbezüglich die Weitergabe von Informationen durch die Steuerbehörden an Strafverfolgungsorgane drohte, weil es insofern an der Strafbarkeit nach deutschem Recht fehlte49. Diese Situation hat sich nun ohne jede Änderung in den Steuervorschriften durch die Straf- und Verfolgbarkeit von Auslandsbestechungen in Deutschland drastisch geändert. Wer heute in einer deutschen Steuererklärung Schmiergeldzahlungen im Ausland an ausländische Amtsträger angibt, muß damit rechnen, daß die Finanzämter diese Informationen an die Staatsanwaltschaft weiterleiten und gegebenenfalls in Deutschland Ermittlungen wegen der Bestechung ausländischer Amtsträger eingeleitet werden.
Mit dem IntBestG ist in Deutschland eine gesetzliche Grundlage für die Bekämpfung internationaler Bestechung in Kraft getreten, die nicht zuletzt aufgrund ihrer Bezugnahme auf die Bestechungstatbestände des StGB und der darauf basierenden Übertragbarkeit der von der Rechtsprechung hierzu entwickelten Auslegung ein relativ hohes Maß an Klarheit und Rechtssicherheit für die strafrechtliche Würdigung von Handlungen mit sich bringt, die gerade im Hinblick auf Staaten mit einem hohen Grad an Korruption bis heute eine weitverbreitete Geschäftspraxis darstellen und die bis zum Inkrafttreten des IntBestG am 15. 2. 1999 in Deutschland nicht strafbar waren. Die detaillierten Bestimmungen des OECD-Übereinkommens lassen erwarten, daß auch in den anderen Unterzeichnerstaaten vergleichbare Rechtsgrundlagen zur Bekämpfung der internationalen Bestechung geschaffen werden.
Damit ist indes lediglich eine rechtliche Grundlage für die strafrechtliche Ahndung der internationalen Bestechung geschaffen. Inwieweit dieses Instrumentarium tatsächlich zu der beabsichtigten effektiven Bekämpfung internationaler Bestechung genutzt wird, dürfte angesichts der regelmäßig länderübergreifenden Sachverhalte, gepaart mit den häufig erheblichen wirtschaftlichen Interessen, die die Anwendungsfälle der neuen gesetzlichen Regelungen prägen werden, primär eine Folge des politischen Willens in den Unterzeichnungsstaaten des OECD-Abkommens darstellen. Dabei wird der Schwerpunkt nicht in der regionalen oder nationalen Arbeit der Strafverfolgungsbehörden eines Staates, sondern in der internationalen, staatenübergreifenden Zusammenarbeit liegen. Ob diese in effektiver Weise in Zeiten eines stetig steigenden internationalen Wettbewerbs erfolgen wird, bleibt abzuwarten.
*Auf S. Vlll stellen wir die Autoren vor.
1BGBl. II 1998, 2327 f.
2Abgedruckt in BGBl. II 1998, 2329 ff.
3S. Art. 15 Abs. 1 des OECD-Übereinkommens.
4Vgl. § 9 Abs. 1 StGB.
5Vgl. Schönke-Schröder-Eser, StGB, § 5, Rn. 21; danach schützt § 5 Nr. 14 StGB die Person des Amtsträgers und findet keine Anwendung, wenn sich die Tat gegen staatliche Rechtsguter richtet.
6Siehe hierzu Schönke-Schröder-Eser, StGB, § 9, Rn. 6; Leipziger Kommentar-Gribbohm, StGB, § 9, Rn. 20.
7BGHSt 31, 279.
8BGBl. I 1997, 2038 bis 2043.
9BGH, NStZ 1984, 488.
10BGHSt 10, 241; OLG Düsseldorf, NJW 1987, 1213.
11BGHSt 32, 290, 291.
12Schönke-Schröder-Cramer, StGB, § 331, Rn. 29.
13BGHSt 16, 40, 46.
14OLG Hamm, JMBlNRW 1970, 190.
15Siehe insbesondere auch § 334 Abs. 3 StGB.
16Zu denken ist hier in erster Linie an Fälle, in denen entweder die Tat in einem Stadium steckenbleibt, in dem der Bestechungsadressat noch keine Kenntnis von dem Angebot erlangt hat (etwa wenn der Täter das Angebot über einen Dritten oder über ein nicht funktionierendes Kommunikationsmedium vermitteln will), oder in denen der Täter fälschlicherweise glaubt, daß der Adressat seiner Bestechungshandlung ein Amtsträger, Richter, Soldat oder Abgeordneter sei. Die Tat ist dann nur als Versuch strafbar, wenn der Täter sein Angebot an einen Richter oder Abgeordneten richten wollte.
17BGHSt 31, 264, 280.
18BGHSt 3, 143.
19BGHSt 16, 39.
20BGHSt 15, 352.
21BGHSt 15, 92.
22Schröder, GA 1961, 298.
23Dies findet in § 334 Abs. 3 Ziff. 2 StGB, auf den Art. 2 § 1 IntBestG verweist, deutlich Ausdruck: Danach ist eine Bestechung schon dann gegeben, wenn der Täter "... den anderen zu bestimmen versucht, daß dieser ... soweit die Handlung in seinem Ermessen steht, sich bei der Ausübung des Ermessens durch den Vorteil beeinflussen läßt."
24Vgl. Schönke-Schröder-Cramer, StGB, § 333, Rn. 11.
25Siehe hierzu BGHSt 3, 143 ff., 147; Schönke-Schröder-Cramer, StGB, § 332, Rn. 12; nach BGHSt 15, 350, allerdings kann schon der Umstand, daß die Beschleunigung zu Nachteilen von anderen Antragstellern führt, deren Angelegenheiten so ins Hintertreffen geraten, die Pflichtwidrigkeit der Amtshandlung begründen.
26BGHSt 31, 279; 35, 133.
27BT-Dr. 13/10428, S. 6.
28BT-Dr. 13/10428, S.6.
29BGHZ 26, 58.
30BGH, GRUR 1962, 34, 36; 1962, 45, 47.
31BT-Dr. 13/10428, S. 6.
32BT-Dr. 13/10428, S. 6.
33RGSt 50, 19; OLG Braunschweig, NdsRpfl 1950, 127.
34BT-Dr. 13/10428, S.6.
35Kritisch hierzu: Zieschang, NJW 1999, 105, 107.
36Ebenso Tröndle/Fischer, StGB § 335 Rn. 6.
37BGHSt 26, 4; StV 1993, 249; BGH, NJW 1992, 381.
38östOGH, JBl. 1980, 436; BGH, wistra 1994, 232.
39BGHSt 23, 239; 28, 150.
40OLG Hamm, NJW 1981, 2207.
41BGH, GA 1974, 308.
42BGH, StV 1995, 586.
43BGBl. II 1997 S. 2038 ff.
44BT-Dr. 11/6623, S. 6.
45BGH, NJW 1996, 136, 137.
46Lackner, StGB, § 14, Rn. 1 a m. w. Nachw.
47BT-Dr. 13/10428, S. 21.
48OLG Hamm, NJW 1973, 1851, 1852 f.
49Hierzu ausführlich Salzberger/Theisen, DB 1996, 396 ff.